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Stadt Frechen

Sonderprüfung abgeschlossen

Im Zusammenhang mit den Strafverfahren des Landgerichts Köln gegen die beiden Geschäftsführer der Firmen BSS & Chilischote hatte die Staatsanwaltschaft Köln wegen des spiegelbildlichen Verdachts der Bestechlichkeit in den Jahren 2018 und 2019 Ermittlungen gegen drei städtische Mitarbeiter aufgenommen, umfangreiche Durchsuchungsmaßnahmen in städtischen Büroräumen durchgeführt und Unterlagen sichergestellt.

Zu dieser Zeit, also 2019, standen drei damalige städtische Mitarbeiter unter direktem Tatverdacht. Dabei handelte es sich zum Zeitpunkt der Untersuchungen um den früheren Leiter der Abteilung Soziales und Wohnen, dessen Stellvertreter sowie einen Hausmeister der Stadt.

Konkret bezogen sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln auf die Beauftragung von Dienstleistungen in den Jahren 2015 bis 2017 während der Flüchtlingsunterbringung und der Flüchtlingsversorgung in Frechen.

Mit Blick auf die damaligen Geschehnisse und das laufende Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Köln sowie den vor dem Landgericht Köln bereits verhandelten/angeklagten Handlungen hat die Bürgermeisterin der Stadt Frechen das Prüfungsamt der Stadt am 6. Mai 2019 mit der Durchführung der sogenannten Sonderprüfung „Asyl“ beauftragt.

Dabei waren aus Sicht der Bürgermeisterin drei Fragestellungen zu klären:

  1. Ist der Stadt bzw. dem Steuerzahler ein Schaden durch das Verhalten der beteiligten Mitarbeiter entstanden, insbesondere bei der Ausgestaltung und Abwicklung der Verträge mit den im Fokus der Staatsanwaltschaft stehenden Hauptakteuren an den Unterkünften für Asylbewerber?
  2. Gibt es Auffälligkeiten außerhalb dieses Themenkreises, insbesondere bei Vergaben und Aufträgen rund um die Abwicklung der Asylbetreuung, zu hausmeisternahen Dienstleistungen über die Asylbetreuung hinaus bei von der Abteilung „Soziales und Wohnen“ bewirtschafteten Liegenschaften, oder z.B. auch bei der Gestaltung von Mietverträgen in der Wohnungsvermittlung?
  3. Welche Maßnahmen werden angeregt, um künftig dolose Handlungen in diesem Arbeitsgebiet zu erschweren?


Nach Vorprüfungen des städtischen Prüfungsamtes und Einbezug des städtischen Korruptionsbeauftragten erfolgte sodann eine Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft. Infolgedessen beauftragte die Stadt Frechen Ende Juli 2019 die Kanzlei VBB Rechtsanwälte mit der Unterstützung des Prüfungsamtes bei der Sonderprüfung sowie den darüber hinaus zu diesem Zeitpunkt bereits bekannten Verdachtssachverhalten.

Zur Erklärung: Vom Sonderprüfauftrag war das Strafverfahren nicht tangiert. Es liegt natürlich in eigener Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft und des Gerichts, strafbare dolose Handlungen aufzuklären und strafrechtlich zu verfolgen.

Die Sonderprüfung erstreckte sich insgesamt auf folgende Sachverhaltskomplexe:

  •  Vergaben und Aufträge durch die Abteilung „Soziales und Wohnen“ rund um die Abwicklung der Asylbetreuung (Auftragsvergaben externe Dritte)
  • Anmietung von Wohnraum für Geflüchtete (und hausmeisternahe Dienstleistungen)
  • Vermittlung von Wohnraum an Geflüchtete
  • Beauftragung von Honorarkräften im Kontext der „Flüchtlingskrise“
  • Sonstige Verdachtsmomente

Dabei wurde in mehreren Überprüfungs- und Auswertungsschritten umfangreiches Datenmaterial, darunter sichergestellte Papierunterlagen, Festplatten der Dienstrechner, dienstliche Postfächer und Finanzdaten gesichtet.

Papierunterlagen füllten insgesamt 67 Aktenordner. 25.000 gespeicherte Datensätze wurden nach erster Auswertung identifiziert und nach systematischer Verdichtung verblieben noch 6.700 Dateien als Erkenntnisgrundlage. Umfangreiche Fragenkataloge im ersten Untersuchungsabschnitt, wie auch die Mitarbeiterinterviews im zweiten Abschnitt, waren zudem auszuwerten. Darüber hinaus wurde Einsicht genommen in die Asservate des Landgerichts sowie im Dezember 2020 Compliance-Interviews mit Mitarbeitenden durchgeführt.

Die große Menge an digitalen Daten wurde zunächst durch ein externes Dienstleistungsunternehmen elektronisch vorabselektiert. Um die darauffolgende erste forensische Durchsicht und Auswertung des Datenbestandes nach zuvor festgelegten Suchwortlisten mittels einer Auswertungssoftware in angemessener Zeit bewältigen zu können, wurden mit Zustimmung des Personalrates zur Unterstützung neutrale städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingebunden. Allesamt übernahmen diese Aufgaben zusätzlich neben ihrer eigentlichen Tätigkeit.

Aus dem von städtischen Mitarbeitenden durchgeführten E-Mailreview haben sich aus Sicht der dort eingebundenen Personen teilweise weitergehende Verdachtssachverhalte oder Fragestellungen in Bezug auf bekannte Verdachtssachverhalte ergeben. Diese wurden zunächst stadtintern gesammelt und in die weitergehenden Prüfungstätigkeiten integriert, wobei diese Hinweise zum Teil durch die Kanzlei und zum Teil durch das Prüfungsamt unter Zuhilfenahme städtischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf- beziehungsweise abgeklärt wurden.

Die vorläufigen Erkenntnisse der Sonderprüfung hat die Kanzlei am 25. Juni 2020 in der Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses der Stadt Frechen vorgestellt. Die Präsentation listete seinerzeit die aus Sicht der Prüfer noch in Betracht kommenden weitergehenden Prüfungshandlungen auf und enthielt zudem erste strukturelle Empfehlungen.

Zusammenfassung der Erkenntnisse der Sonderprüfung:

Nach den Erkenntnissen aus der Sonderprüfung und auf der Grundlage der durch die Kanzlei VBB Rechtsanwälte hierbei vorliegenden Unterlagen konnte kein strafrechtlich relevantes Verhalten der Mitarbeitenden der Abteilung „Soziales und Wohnen“ im Kontext der Flüchtlingskrise festgestellt werden, welches über die damals bereits bekannten Sachverhalte hinausging. Die im Hinblick auf mehrere Sachverhaltskomplexe bekannt gewordenen Verdachtsmomente haben sich anhand der ausgewerteten Erkenntnisquellen nicht bestätigt.

In der überwiegenden Anzahl der Komplexe, die Gegenstand der Sonderprüfung waren, wurden Anhaltspunkte für administrative und/oder inhaltliche Verbesserungsmöglichkeiten identifiziert. Es gibt nach vorläufigem Kenntnisstand keinen Rückschluss auf ein systematisches vorsätzliches Fehlverhalten beteiligter Personen.

Es haben sich im Rahmen der Sonderprüfung sowohl im vorläufigen Ergebnis wie auch im Abschlussergebnis, das dem Rechnungsprüfungsausschuss am 2. März 2021 vorgestellt wurde, keine belastbaren Anhaltspunkte für den Eintritt eines strafrechtlich relevanten Schadens der Stadt Frechen beziehungsweise des Steuerzahlers ergeben. Unabhängig hiervon waren mögliche Schadensersatzansprüche unter zivilrechtlichen/arbeitsrechtlichen oder dienstrechtlichen Gesichtspunkten nicht Gegenstand der Sonderprüfung.

Der Abschlussbericht der Prüfer wurde im März 2021 an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Der Staatsanwaltschaft wurde somit die Gelegenheit zur strafrechtlichen Würdigung gegeben.

Die Sonderprüfung „Asyl“ hat sich zunächst primär mit den damaligen Entscheidungsprozessen innerhalb der Abteilung „Soziales und Wohnen“ befasst. Im Zuge der Aufarbeitung der hierbei vorgefundenen Unterlagen und Vorgänge (soweit dokumentiert) sowie der dazugehörigen internen Vorgaben wurde den Prüfenden erkennbar, dass sowohl innerhalb der untersuchten Abteilung als auch mit Blick auf die Verwaltungsabläufe eine Verbesserung der internen Dokumentationsprozesse und Kontrollmechanismen geboten war. 

Daher gab die Kanzlei im Zuge der Sonderprüfung und mit Blick auf die damalige Situation folgende Empfehlung ab:

  • Verbesserung der Dokumentationsprozesse in den Einzelvorgängen
  • Erarbeitung fachdienstübergreifender und  einheitlicher zentraler Vorgaben (z.B. Honorar- oder Mietverträge)
  • Beachtung bestehender Inventarisierungsregeln
  • Aufbau eines zielgruppendifferenzierten Berichtswesens und Ausbau von Kontrollinstanzen
  • Vergaberechtliche Grundlagen strikt beachten (Vergleichsangebote, Einbindung Vergabestelle etc.)
  • Verstärkung der inhaltlichen Überprüfung von Nebentätigkeiten
  • Implementierung eines Compliance-Systems, insbesondere eines Hinweisgebersystems nach EU-Richtlinie
  • Sensibilisierung von Mitarbeitern zur Bedeutung von Nähe-Verhältnissen, Interessenskonflikten etc.

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